Ursula Haupenthal verfolgt einen ungewohnten und höchst eigenwilligen Weg. Sie forscht nach dem Sinnlichen des Metalls im allgemeinen und stellt dieses Sinnliche in ihren Werken dar, macht es auch für uns zugänglich und erfahrbar. Sie konfrontiert uns damit nicht nur mit ganz neuartigen Materialerfahrungen, sondern auch mit einer ganz neuartigen Dingwelt.. Wir wissen, dass jedes Metallstück an seinem Anfang einen flüssigen Aggregatzustand durchlaufen hat. Ursula Haupenthals Arbeiten scheinen uns zu zeigen, dass das Material selbst die Erinnerung an diese seine Wandelbarkeit in sich trägt. Metall reagiert sensibel auf seine Umwelt. Vor allem auf Licht. Eine Metallskulptur verändert ihre Erscheinung, beginnt gleichsam zu leben … und sie reagiert auf Wind und Berührung, wird zum sinnlichen Gesamtkunstwerk ... Man muss es selbst erlebt haben, wenn Ursula Haupenthal die Metallskulpturen zum Tönen bringt … unseren überraschten Sinnen eröffnen sich wahre Klangwelten, ja Klanguniversen, die unauslotbar und unergründlich scheinen und tatsächlich unergründlich sind.
Laudatio Dr. Armin Heim, Museum und Galerie Engen, 2010
Aus dem Geistigen kommende reine Form bestimmt ihre Kunst, in der es kaum Farbe, keine Schnörkel ... gibt. Reine, sehr scharf voneinander abgegrenzte Formen und Flächen bestimmen die Objekte, in denen auch der Raum eine zentrale rolle spielt. Ohne Raum kann das Metall nicht schwingen und ohne Schwingung entsteht kein Klang. Der umliegende, aber auch der der Skulptur innewohnende Raum ist für die Kunst von Ursula Haupenthal essentiell. … Das zeigt eine Skulptur, die im Aussenbereich steht … 400kg Edelstahlfolie werden horizontal aufeinander geschichtet, aber so, dass sie sich nicht berühren, sondern zwischen ihnen Hohlräume entstehen … mit Acryl gehalten, so dass kontinuierliche Spannung auf ihnen liegt. Bei Wind beginnen die Folien zu schwingen und erzeugen wundersame Geräusche. Der Wind verursacht gleichzeitig ein Seherlebnis, denn durch die Bewegung der Folien wandern die Lichtreflexe und bewirken wellenartige Zonen von Licht und Dunkel.
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Dr. Ulrike Niederhofer, 2010
Ursula Haupenthal verwendet Aluminiumzinnfolie, ein dünnes sensuelles Material, das sie durch Faltungen in Form bringt. … wie Papier wirken die Sockelarbeiten, die eine ist als geschlossene Form konzipiert, die andere gewährt einen Durchblick in den Raum. Eine Anmutung des Vergänglichen und eine zeitlose, beständige Ästhetik charakterisieren die Werke in ihrer ambivalenten Aussage.
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Dr. Annette Reich, Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, 2009
Spannungsgeladen sind neben den wie Raumzeichnungen wirkenden bespielbaren KlangSkulpturen vor allem die Fotografien der Künstlerin, die bewusst mit Licht und Dunkelheit den Betrachter zu irritieren suchen, die Horizonte verschwinden und imaginäre Räume entstehen lassen. Nicht zuletzt die von Haupenthal fotografierten Meeresbilder werden ob der sonderbaren und vordergründig kaum erklärbaren Kompositionen primär durch ungewöhnliche Reflektionen geprägt. Das Konkrete verrinnt, der Betrachter verliert sich in den gleichermassen spannenden Raum-Licht-Spielen.
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Ralf Recklies, Pforzheim, 2005
Leise auf das Hören Licht fallen lassen
Dem Streichen eines Beckens ähnlich versetzt ein Kontrabassbogen Metall in Schwingung. Erst einen Spalt breit, dann immer weiter öffnet sich es, bis das Buch offen da liegt und seinen ganzen reichen Inhalt preisgibt … Diese Skulptur macht ihrem Namen Klang-Buch alle Ehre
… Sie sucht nach allen Feinheiten und Ausdifferenzierungen der Obertonspektren, der Schwingungs- und Klangeigenschaften des jeweiligen Metalls. Ursula Haupenthal konzentriert sich auf Feinheiten, auf minimalste Materialunterschiede und deren klangliche Auswirkungen. Die akustische Varianz der gestrichenen Metalle ist gross, je nach Skulptur, Strichstelle, Bogenkantung. Je nach Intensität entwickeln sich verschiedene Spektren, die sich zum Teil aus quasi mehrstimmigen Klangwolken aufbauen. … Ihr Spiel beruht nicht auf Improvisation, sondern auf genau durchdachten Strukturen, die der jeweiligen Spielsituation angepasst werden. Dabei nehmen die Architektur und die Akustik des Raumes eine zentrale Rolle ein.
In so genannten Sonogrammen gibt die Künstlerin ihr Spiel visuell wieder. … mit einem Farb – Tintengemisch zeichnet und malt sie diese grafischen Partituren aus dem Moment heraus. Dabei hat sie spezielle Techniken entwickelt, mit denen sie die Klangqualität jenseits der reinen Tonhöhe zu fixieren sucht. Die Amplitude des erzeugten Klanges bildet dabei wiederholt die Basis der Grafiken. …
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Nina Polaschegg, NMZ , 2005
Die Klangobjekte von Ursula Haupenthal sind gleichermassen Musikinstrumente wie metallene Plastiken. Die mit Drähten gespannten Membranen aus Titan oder Stahl versetzt die Künstlerin bei ihren Performances mit Kontrabassbogen, ihren Händen oder Schlägeln in Schwingungen, entlockt ihnen ein schwer definierbares Zwischenreich von Klängen, Geräuschen, Obertönen und wuchtigen Untertönen. Bei dieser Bespielung erzeugt Ursula Haupenthal ein Bündel von Gegensätzen: als Plastiken erscheinen die Objekte formal äusserst reduziert, spiegeln als Wölbblech, Rechteck der Winkel Elemente einer Urgeometrie. Dieser Welt der Minimal – Formen antwortet der Kosmos kaum benennbarer Zwischentöne. Die „einfache“ Form erzeugt eine komplexe, vielschichtige Klangwelt. …
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Dr. Peter Joch, Kunsthalle Darmstadt, 2004